Wie gut beraten Schweizer Banken ihre Kund:innen in Bezug auf nachhaltige Kapitalanlagen? Greenpeace Schweiz führte mithilfe von Greenpeace-Aktivist:innen ein Mystery Shopping durch. Das Fazit: Den Tester:innen wurden Anlageprodukte als klimaverträglich empfohlen, die in keiner Weise mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel sind. Insgesamt ist die Beratungsqualität zu nachhaltigen Kapitalanlagen mangelhaft. Diese Ergebnisse sind ein weiterer Beweis dafür, dass der Schweizer Finanzplatz mit «Sustainable Finance» Greenwashing betreibt. 

33 Greenpeace-Aktivist:innen zogen diesen Frühling los, um Schweizer Banken und Vermögensverwalter zu testen. Sie gaben sich als interessierte Anleger:innen aus und vereinbarten eine Beratung beim Finanzinstitut ihrer Wahl. Das Mystery Shopping verfolgte zwei Ziele: Erstens die Beratungsqualität zu nachhaltigen und insbesondere klimaverträglichen Kapitalanlagen bei Banken zu erfassen und zweitens zu bewerten, ob die als klimaverträglich beworbenen Anlageprodukte tatsächlich eine nachhaltige Wirtschaft fördern. Hintergrund der Aktion: Jüngst zeigte eine Studie von Greenpeace Schweiz und Greenpeace Luxemburg, dass es sogenannt nachhaltigen Anlagefonds bislang nicht gelingt, wesentlich mehr Kapital in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft zu lenken als konventionellen Fonds. Die Umlenkung von Kapital durch nachhaltige Anlagen ist jedoch ein wichtiger Faktor im Kampf gegen die Klimakrise. 

Nachhaltigkeit ist in Beratungsgesprächen kein Standard-Thema 

Die Tester:innen führten bei insgesamt 19 verschiedenen Banken (siehe Liste unten) 43 Gespräche durch. «Die Qualität der Beratungsgespräche bezüglich nachhaltigen Anlegens ist bei den meisten Finanzinstituten mangelhaft», bilanziert Larissa Marti, Expertin für Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. In nur der Hälfte der Gespräche haben die Berater:innen zu Beginn überhaupt gefragt, ob Nachhaltigkeit bei der Kapitalanlage wichtig sei. In den anderen Fällen mussten die Tester:innen aktiv auf ihre Präferenz hinweisen: Sie wünschten alle explizit eine klimaverträgliche, also eine mit dem Pariser Klimaabkommen kompatible Anlagelösung. Insgesamt wurden den Tester:innen zehn Produkte angeboten, die diesem Wunsch entsprechen sollten. In einer späteren Analyse konnte die Klimaverträglichkeit dieser Anlagen aber nicht nachgewiesen werden (siehe weiter unten).  

Weiter verdeutlicht das Mystery Shopping, dass Berater:innen zu wenig über nachhaltige Kapitalanlagen wissen, teilweise war ihnen nicht mal das Pariser Klimaabkommen ein Begriff – obwohl darin die Finanzbranche ganz explizit angesprochen wird. Nicht verwunderlich also, dass sich nach weniger als einem Drittel der Gespräche die Tester:innen in der Lage fühlten, den eigenen Nachhaltigkeitspräferenzen entsprechend Geld anzulegen – trotz Beratung. Ferner war die Beratungsqualität in rund zwei Dritteln der Gespräche nicht ausreichend, damit die Tester:innen nachvollziehen konnten, warum die empfohlenen Produkte nachhaltig, bzw. klimaverträglich sein sollten. 

Sogenannt klimaverträgliche Fonds sind nicht Paris-kompatibel 

Noch mehr Defizite offenbaren die Banken mit ihrem Angebot von sogenannt klimaverträglichen Anlageprodukten. Das macht die vertiefte Analyse jener zehn Produkte deutlich, die gemäss Aussagen der Tester:innen als klimaverträglich empfohlen wurden (siehe Bericht). Um die tatsächliche Klimaverträglichkeit dieser Produkte zu bewerten, wurden die ausgehändigten Dokumente sowie die frei zugänglichen Informationen auf den Websites der Finanzinstitute analysiert.

Keines der als klimaverträglich empfohlenen Anlageprodukte definiert tatsächlich die Einhaltung der Pariser Klimaziele für sich als Massstab. «Das ist erschreckend», sagt Larissa Marti. «Klimaverträglichkeit impliziert die Vereinbarkeit mit dem Pariser Klimaabkommen. Also müssen Produkte, die als klimaverträglich empfohlen werden, zwingend Paris-kompatibel sein. Ansonsten betreiben die Finanzinstitute Greenwashing.» 

Konkret sind die als klimaverträglich angebotenen Finanzprodukte nur marginal klimafreundlicher als konventionelle Anlagen. Ferner herrscht eine grosse Intransparenz darüber, wie die Portfoliomanager:innen die Anlagestrategien anwenden, um die Nachhaltigkeit der Produkte zu garantieren. Sehr problematisch ist überdies, dass bei fast 60 Prozent der als klimaverträglich empfohlenen analysierten Fonds die Nachhaltigkeitskriterien nur für einen Teil des Fondsportfolios angewandt werden. Das Risiko ist somit hoch, dass diese Fonds auch in klimaschädliche Unternehmen investieren. Kommt hinzu: Gewisse Produktwerbung muss gar als irreführend bezeichnet werden, wie die Untersuchung von zwei Produkten der UBS und der Credit Suisse ergab. Diese versprechen eine Klimawirkung, die sie effektiv nicht haben können. 

Nachhaltigkeit: Banken müssen Anleger:innen entsprechend beraten 

Das Mystery Shopping zeigt somit deutlich, dass Paris-kompatibles Anlegen heute kaum möglich ist. «Diese Erkenntnis steht im krassen Gegensatz zum Ziel des Schweizer Finanzplatzes, führend im Bereich Sustainable Finance sein zu wollen», sagt Peter Haberstich, Projektleiter Klima und Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. «Die Finanzinstitute leisten derzeit mit ihren sogenannt nachhaltigen Kapitalanlagen kaum einen Beitrag, die Realwirtschaft klimaverträglich auszugestalten, obwohl das Pariser Klimaabkommen längst die klimafreundliche Ausrichtung aller Finanzflüsse fordert.» 

Die Zeit drängt. Die Klimaerwärmung schreitet schneller voran als bislang angenommen und die Treibhausgasemissionen müssen sofort und sehr deutlich sinken, das legte vor Kurzem der Weltklimarat dar. «Die Banken müssen daher rasch Produkte entwickeln und anbieten, die tatsächlich Kapital in eine klimaverträgliche Wirtschaft umlenken und zur Lösung der Klimakrise beitragen. Zudem ist es in der Verantwortung der Banken, ihre Berater:innen so zu schulen, dass diese ihre Kund:innen auf die Nachhaltigkeit ihrer Kapitalanlagen ansprechen und dafür sorgen können, dass immer mehr Geld in eine Paris-kompatible Wirtschaft fliesst», sagt Haberstich. 

Greenpeace fordert überdies, dass Bundesrat und Parlament Mindestanforderungen für sogenannt nachhaltige Kapitalanlagen definieren: Als nachhaltig ausgewiesene Anlagefonds müssen in Wirtschaftsaktivitäten investiert sein, deren Emissionsabsenkpfad mit den Pariser Klimazielen und einer maximalen Erderwärmung von 1,5 Grad vereinbar ist. 


Weitere Informationen


Kontakte

  • Larissa Marti, Expertin Klima und Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz: +41 44 447 41 15, [email protected]   
  • Peter Haberstich, Projektleiter Klima und Finanzwirtschaft Greenpeace Schweiz: +41 76 337 44 49, [email protected]  
  • Medienstelle Greenpeace Schweiz, +41 44 447 41 11, [email protected]  

Diese 19 Finanzinstitute wurden getestet (alphabetisch geordnet): 

  • Aargauische Kantonalbank
  • Alternative Bank Schweiz (ABS) 
  • Bank Avera 
  • Bank BSU
  • Bank Cler 
  • Basellandschaftliche Kantonalbank 
  • Basler Kantonalbank
  • Berner Kantonalbank 
  • Credit Suisse 
  • Graubündner Kantonalbank
  • Migros Bank 
  • PostFinance 
  • Raiffeisen 
  • Thurgauer Kantonalbank 
  • UBS 
  • Urner Kantonalbank
  • Valiant Bank 
  • VZ Vermögenszentrum
  • Zürcher Kantonalbank