Zwischen Selbstverwirklichung, Sinnessuche und sozialen Medien. Irgendwo unter all den Smartphones, Smart-TVs und Smartwatches begraben. Genau da setzt sich Greenpeace-Praktikantin Danielle mit den Hoffnungen, Herausforderungen und Problemen ihrer Generation Y auseinander – und fragt sich in ihren kommenden Kolumnen: Wie zum Teufel soll das grün gehen?

Enten füttern – wenn das mal nicht eines der Highlights der Kindheit war. So manchen Sonntag haben meine Geschwister und ich mit unseren Grosseltern im Park verbracht und den Wasser-Vögeln das alte Brot des Vortages zugeworfen. Dabei hatte man immer eine Lieblings-Ente, welcher man mehr gab, als den anderen. Doch zugegeben: Einem kleinen «Schisshaas», wie ich es war, jagten die Schnäbel der Tiere Angst ein. Wenn dann noch ein grosser Schwan daher kam, mich mit seinen furchteinflössenden Augen ins Visier nahm und mit seiner grossen Klappe anfauchte, war ich weg.

Ganz anders sah es aber vor dem Fernseher aus. Den Zeichentrickfilm «Die Schwanenprinzessin» habe ich geliebt: Die arme Odette, die mit einem Fluch belegt wird, sich deswegen in einen wunderschönen Schwan verwandelt, auf dramatische Weise stirbt, nur um dann zu guter Letzt wieder in den Armen ihres Geliebten aufzuwachen – mal ehrlich, solche Stories reissen doch jedes kleine Mädchen mit. Im Fernsehen haben die Schwäne halt auch grosse, blaue Kulleraugen mit schönen, langen Wimpern. Und fauchen tun sie auch nicht.

Bis heute kann ich mich nicht so richtig entscheiden, ob ich Schwäne sympathisch finde. Wobei ich mir bis heute auch nicht wirklich Gedanken zu diesem Thema machen musste. Schliesslich ist es nicht so, dass man in Klatschmagazinen-Psychotests à la «Sind Sie ein Labrador oder ein Chihuahua?» herausfinden kann, wieviel Schwan in einem steckt. Obwohl ich mir das noch interessant vorstelle: Typ A: Der böse Schwan – Sie sind ein Mensch, der seine Mitmenschen gerne anfaucht und ihnen Angst einflösst. Typ B: Der liebe Schwan – mit ihrer grazilen Art vermögen Sie es, Ihre Mitmenschen in den Bann zu ziehen. Typ C: Kein Schwan – Sie sind nach wie vor ein Hund. Oder so.

Zurück zum Thema. Als ich heute durch Facebook scrollte, fiel mir ein Watson-Artikel ins Auge: «Die Schäden sind zu gross: Jetzt schiesst Nidwalden Schwäne ab» stand da geschrieben. Schäden? Schwäne? Was können diese Tiere schon grossartig Schlimmes anstellen, fragte ich mich, und habe bereits begonnen zu lesen. Anscheinend gibt es beim Flughafen in Buochs zu viele Schwäne, die den Flugbetrieb stören und in Ennetbürgen würde der Kot der Tiere die Landwirtschaft verschmutzen. Deswegen sollen die Schwäne, zumindest beim Flughafen, bis auf 15 Stück abgeschossen werden.

Ich weiss nicht, was ich schlimmer finde: Dass sich der Mensch das Recht vorbehält, andere Lebewesen abzuknallen oder dass er einfach gesagt ein selbstherrlicher Idiot ist. Konzentrieren wir uns mal auf Ersteres. Natürlich ist mir bewusst, dass wir Menschen tagtäglich Tiere töten, damit wir uns ernähren können. Doch ist das unter Tieren selber auch der Fall. Schwäne beispielsweise essen Fische. Das Verständnis hört bei mir aber auf, sobald Tiere für oberflächliche Zwecke getötet werden – ihr Fell beispielsweise. Oder für den Trophäen-Zweck. Oder eben dann, wenn der Mensch sich nicht weiterzuhelfen weiss und zur Waffe greift.

Leider ist das ja nicht nur bei den Schwänen in Nidwalden so. Auch Wölfen und Bären hierzulande droht dasselbe Unheil. Ein Wolf, der seiner Natur nachgeht und Schafe reisst, wird für die Behörden in der Schweiz sogleich zu einem roten Tuch. Denn was wäre, wenn sein natürliches Treiben einen negativen Einfluss auf die Wirtschaft hätte? Es sei erwähnt: Wölfe gibt es gerade mal zwischen 40 und 50 in der Schweiz.

Fast noch schlimmer traf es den Bären M13. Obwohl er nie aggressiv gegenüber Menschen war, wurde auch er abgeschossen. Denn was wäre, wenn er jemanden angegriffen hätte? Auch hier: Es gibt null residente Bären hierzulande – Einwohner hingegen 8,42 Millionen. Was wäre denn, wenn der Mensch seine Machtposition für einmal nicht ausnutzen würde? Wenn er anderen Lebewesen das Recht auf Leben lässt, anstatt es ihnen aus Angst vor Verlusten nimmt? Und vor allem: Was wäre, wenn der Mensch mal zuerst bei sich selber anfangen würde?

Womit wir beim selbstherrlichen Idioten angelangt sind. Die Schwäne sind also ein Problem – weil sie den Flugbetrieb stören und weil sie die Landwirtschaft der Bauern «zerstören». Schon etwas paradox, oder nicht? Schliesslich sind wir Menschen es, die mit eben genau dieser Landwirtschaft die ganze Umwelt zerstören. Wir töten mit Pestiziden die lebenswichtigen Bienen, zerstören mit der Nutztierhaltung die Böden und verdrecken das Grundwasser. Und mit dem «gestörten» Flugbetrieb? Damit verschmutzen wir sowieso die ganze Welt.

Vielleicht wäre es für den Menschen mal eine gute Idee, bei der eigenen Spezies mit dem Aufräumen anzufangen – und sich selber mal der«Was wäre, wenn?»-Frage zu stellen. Dann würde so einigen auffallen, dass weder die Schwäne, noch die Wölfe oder die Bären eine wirkliche Bedrohung für den Menschen und schon gar nicht für die Wirtschaft darstellen. Sondern der Mensch selber.

Was wäre also, wenn es tatsächlich einen Schwanen-Psychotest gäbe? Dann kämen wir wohl alle zum selben Resultat: Typ D: Der sterbende Schwan – Sie zerstören sich selbst.

Danielle Müller studierte Journalismus und Unternehmenskommunikation in Berlin und schnuppert nun bei Greenpeace rein. Die 27-Jährige Baslerin ist stets im Sattel ihres Rennvelos anzutreffen und sagt nie Nein zu einer guten Umwelt-Doku auf Netflix.

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